Mai 2016

Dieser Reisebericht ist mit einigen Fotos illustriert. Es gibt davon nicht viele, denn die Frauen lassen sich nur sehr selten fotografieren und die Zeit vor Ort ist ohnehin mit Stress verbunden.

Sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise

wurde ich von einer eleganten Afghanin begleitet, von Shaima Breshna, die in Deutschland lebt. Sie hat das Projekt Azezana ins Leben gerufen, das sie seitdem leitet. Eine Gruppe von Frauen in Kabul färbt und webt wunderbare Seidenschals. Schaima ist 20 Jahre älter als ich und ich bewundere ihre Energie und Entschlossenheit. Dann frage ich mich: Wie wird es mit meiner Energie für das Stick­projekt im Jahr 2036 bestellt sein? Zögern Sie nicht, Shaimas Webseite Azezana zu besuchen, um dort einen schönen Spaziergang durch die farbenfrohen, strahlenden Seidenschals zu machen, die zum großen Teil mit natürlichen Farben gefärbt sind.

Eine kulinarische Entdeckung

war roher Rhabar­ber im Salat. Das Gericht nennt sich salota, (unten links im Bild). Tomaten, Gurken und frische Zwiebeln werden in sehr kleine Würfel geschnitten und mit frischen Gewürzen – Minze, Koriander, Salz, jedoch ohne Öl – angerichtet.
In der entdeckten Variante waren sehr kleine Stückchen ungekoch­ten Rhabarbers hinzugefügt. Diese leichte und belebende Säure verleiht dem Salat eine willkom­mene Frische, wenn die große Hitze des begin­nenden Sommers einsetzt. Ich beobachtete, dass einige, die sich aus der gemeinsamen Salatschüssel bedienten, darauf achteten, die sauren Rhabarber-Stückchen ganz bewusst beiseite zu lassen, während andere gerade diese mit Freude herauspickten, unter ihnen auch Kinder. Dabei verzogen beide, die Großen und die Kleinen, ihre Gesichter!

Laghmani befindet sich auf dem Hochplateau

von Shomali. Shomal bedeutet „Wind“ und in der Tat ist der Wind dort zu Hause. Am ersten Abend in den Dörfern, in denen ich seit den Drohungen zu Jahresbeginn meine Nächte verbringe, hat der Wind sich in so starke Sturmböen verwandelt, dass die Granatapfelbäume ihrer Blüten beraubt wurden. Schlimmer noch, die Beeren des Maulbeerbaumes, tut, die gerade reif waren, lagen mengenweise auf dem Boden verstreut und waren für die Ernte verloren. Ein großer Verlust für die Bevölkerung, die die Maulbeeren verspeist und verkauft, sowohl in frischer als auch in getrockneter Form.

Margreth,

die in der Vergangenheit zweimal den Frauen in den Dörfern das Stricken beigebracht hat, hat Anhängerinnen gefunden, unter anderem die junge Nilufar. Sie hat zahlreiche Kleidungsstücke für ihre Puppen gestrickt, eine Tunika für sich selbst sowie diese sehr moderne Mütze mit Tressen, die sie trotz der Hitze für das Foto aufgesetzt hat. Als ich sie im letzten Winter traf, machten wir einen Deal. Sie hatte aufgehört, zur Schule zu gehen, da sie keine Lust mehr hatte und das Stricken bevorzugte. Ich versuchte, sie davon zu überzeugen, dass die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können wichtiger ist als das Stricken und dass sie noch genügend Zeit zum Stricken haben würde. Die Abmachung war, eine beträchtliche Menge an Wolle für das Versprechen zu bekommen, zu Beginn des Schuljahres, am 21. März, wieder zur Schule zu gehen. Sie hat ihr Versprechen gehalten.

Wir, Sabine, Margreth und ich,

die wir uns mit den Dorfbesuchen abwechseln, haben 2014 dazu aufgerufen, sich an der Finanzierung des Wiederaufbaus des Hauses von Omeda zu beteiligen, das zu einer Ruine heruntergekommen war. Als das Ende des Baustellenzustands nahte, haben sich Omeda und ihre Kinder gegen Ende des Winters dort wieder eingerichtet. Auf dem Foto entdecken Sie Khaled, unseren Mann vor Ort, den Dirigenten des Projekts, ohne den nichts geschehen würde. Khaled ist einer jener Menschen, von denen man sich viel mehr in Afghanistan wünschen würde. Dann würde es keinen Krieg mehr geben und das Land würde aufblühen.

Ich kann dem Drang nicht widerstehen,

ein Foto zu machen, wenn ich auf ein Baby treffe, das „geschnürt“ (gepuckt) in seiner Wiege liegt. Das Baby kann sich nicht bewegen, es wird durch zwei breite Stoffstreifen gehalten, die von weniger breiten Streifen wie von Gurten umschlossen werden. Auch für die Nacht werden Babies an Armen und Beinen wie eine Mumie eingebunden. Als Mutter von vier Kindern und inzwischen auch Großmutter fällt es mir schwer, den Sinn dieser absichtlichen Beschränkung von Bewegungen nachvollziehen zu können, doch die Babies scheinen nicht unglücklich darüber zu sein. Womöglich tut ihnen der Halt gut.

Das Foto zeigt den Medikamentenvorrat

bei meiner Gastfamilie im Dorf. Wer immer es auch sein mag und zu welcher sozialen Schicht er gehören mag, die Afghanen schwören auf Medikamente, um alle möglichen Übel zu beseitigen. Sie stammen aus indischer Produktion und ich bezweifle ihre Wirksamkeit. Wenn ich von Pflanzen spreche und davon, Socken anzuziehen, um bei Husten zu helfen, ist die Antwort „Natürlich haben wir die eine oder andere Pflanze dagegen, aber letztendlich bevorzugen wir ein Medikament.“

Das Kochen auf dem Land

geschieht morgens immer über dem Holzfeuer (aus Reisig und getrocknetem Kuhmist), und zwar, um das Teewasser zu erhitzen und anschließend die Spiegeleier zu braten. Die Gerichte am Mittag und am Abend (Reis, Hülsenfrüchte, Gemüse, selten Fleisch) werden über Gasflaschen gegart. Diese sind inzwischen viel sicherer geworden, nachdem sie viele Jahre lang Explosionen verursacht hatten, bei denen zahlreiche Frauen den Tod gefunden haben. Das Fladenbrot, nan, wird täglich traditionell in einem unterirdischen Ofen, dem tandori, gebacken. Während in weiten Teilen Europas Tomatenpflanzen erst nach den Eisheiligen draußen gepflanzt werden, kann man zu dieser Zeit in der Shomali-Ebene bereits vor Ort gewachsene Tomaten, Gurken, Zwiebeln und Zucchini ernten. Die Trauben prächtiger Weinstöcke waren bereits ausgebildet, Rebenspaliere, die einen willkommenen Schatten spendeten.