Verstellte Blicke

Zwischen meiner persönlichen Situation als Westeuropäerin und derjenigen der afghanischen Frauen besteht eine große Diskrepanz; ich selbst bin »frei« und habe die Möglichkeit jederzeit nach Afghanistan zu reisen, während die afghanischen Frauen, die nicht mal ein Personalausweis besitzen, »unfrei« sind in dem sie selbst Entscheidungen oft nicht eigenständig treffen dürfen, wie z.B. ob die Töchter zu Schule gehen dürfen, ihren Hof nicht selbstständig verlassen und sich nur in Vollverschleierung in der Öffentlichkeit zeigen können. Als metaphorische Träger für diese spezielle globale Problematik wählte ich den »Tshaderi«, die Vollverschleierung der afghanischen Landfrau.
 
Es entstand über die Jahre eine Serie von eigenen künstlerischen »Vollverschleierungen«, die ich als Ausstellung unter den Titel »Verstellte Blicke« zusammengetragen habe. Diese Serie wächst weiter, die persönliche Verarbeitung ist noch nicht abgeschlossen.
Ich gestalte immer wieder meine eigenen „Vollverschleierungen“, die in ihrem Ensemble, das globale Werk „Verstellte Blicke“ bildet. In dieser umfangreichen Serie reflektiere ich für mich persönlich mit der Reflexion über sichtbar/versteckt, geschützt/verletzt, Öffnung/Zurückhaltung in unseren beiden Kulturen, die soweit voneinander sind. Diese Werke korrespondieren mit den Erkenntnissen meiner Gedanken und Interpretationen: Ein europäischer Blick, etwas verunsichert und verwirrt angesichts dieser radikalen Tradition. Meine künstlerische Arbeit ist von der Leichtigkeit und der Transparenz des Gewebes angetan, aber auch vom „Sicht-Gitter“, das die afghanische Frau auf dem Land gefangen hält und schützt zugleich.